Weiterfahrt von den Lofoten aufs norwegische Festland

Ich habe nun 2,5 Tage und 3 Nächte auf dem Campingplatz Sandsletta mit intensivem Nichtstun verbracht: Lesen, Schlafen, Essen, Möven zählen, konzentriertes Löcher in den Fjord gucken.

Na gut, eine Unterbrechung gab’s mit paar Stunden Großputz im Auto. Jetzt blinkt alles wieder und ich fühle mich auch wieder wohl darin. War doch alles ganz schön zugestaubt durch die vielen Schotterpisten.

Ich selbst fühle mich ebenfalls regeneriert und zu neuen Schandtaten bereit. Ich will heute von den Lofoten zurück aufs Festland fahren. Es geht Richtung Nordosten bis in die Provinz Bardu.

Die Fahrt dorthin muss ich zwar eine Zeitlang auf der E6 fahren. Aber auf dem Festland kann ich kann wieder auf Nebenstraßen direkt an der Küste entlang ausweichen. Es ist immer verblüffend. Auf der E6 ein sehr starker Verkehr, der mit konstant 80 kmh dahin rollt. Aber es ist kaum möglich aus dieser Kolonne auszuscheren um anzuhalten und zu Fotografieren. Aber sobald man diese Hauptstrecke verlässt, ist man komplett alleine unterwegs. Kilometerweit weder vor noch hinter mir ein Auto. Ich kann beliebig langsam fahren zum in der Gegend rumschauen. Ich weiß, wer mich kennt, kann das fast nicht glauben. Ist aber tatsächlich so. Oder ich kann auch ganz spontan auf die Bremse latschen, weil ich einen besonders schönen Ausblick entdeckt habe. Auf der E6 würde das ein mittleres Verkehrschaos verursachen.

Und die Ausblicke sind traumhaft, die Fahrt ein echter Genuss. Auch hier ist es sehr bergig. Die Gipfel sind alle so um die 1.000 bis 1.500 m hoch. Klingt nach nicht viel. Aber es geht halt direkt von Meereshöhe hoch. Bei uns in den Alpen ist man bereits auf 1.500 m, wenn ein Berggipfel sich auf 3.000 m hin die Höhe schwingt.

Auf vielen der Gipfel und Hänge liegt noch Schnee. Überall rauschen spektakuläre Wasserfälle daraus in die Tiefe. An manchen Berghängen sind es gleich 5 nebeneinander.

Und ein sehr großer Wasserfall ist auch mein Ziel für heute. Eigentlich hatte ich den Bardufossen im Visier. Aber der wird in jedem Touristenführer, auf Plakaten entlang der Straße und allen Broschüren über das Gebiet angepriesen. Deshalb meine Vermutung: zu viele Touristen dort. Ich suche mir deshalb einen etwas kleineren als Ziel, zu dem auch eine schöne Wanderung führt: den Målselvfossen. Beides sind Wasserfälle der Målselva, der Målselvfossen nur ein Stück weiter flußaufwärts.

Wanderung zum Målselvfossen

Ich finde einen Übernachtungsplatz im Wald direkt in der Nähe vom Ausgangspunkt des Wanderweges. Die ganze Nacht regnet es, aber morgens kommt pünktlich die Sonne heraus und ich mache mich schon recht früh auf die Socken.

Der Wanderweg ist nur ein ganz schmaler Trail, der ständig entlang der Målselva führt. Teilweise fast zugewachsen, zum großen Teil führt er direkt am felsigen Strand entlang, aber auch durch sehr feuchtes mooriges Gelände.

Da alles noch klitschenass ist vom Regen in der Nacht, bin auch ich recht schnell komplett durchweicht. Zum Glück habe ich trotz der noch kühlen Temperaturen eine kurze Hose angezogen. Lange Hosenbeine wären völlig nass geworden. Die neuen Trekkingschuhe müssen die erste Bewährungsprobe bestehen, ob sie wasserdicht sind. Innerhalb kürzester Zeit sind sie zumindest von außen klatschnass. Aber sie bestehen den Test, die Füße bleiben trocken.

Unterwegs immer wieder Angler am Ufer oder im Wasser. Alle paar Hundert Meter (oder noch dichter) steht einer.

Irgendwann treffe ich eine Frau an, die lesend etwas abseits ihres angelnden Mannes sitzt. Sie ist ganz froh über Abwechslung. Wir halten also das übliche Schwätzchen: wer, woher, wohin, wie lange. Dann wage ich zu fragen, warum keiner der Angler einen Eimer neben sich stehen hat für die geangelten Fische. Ich frage, ob ihr Mann noch nichts gefangen hat. Sie vereint und erzählt dann, dass die Männer hier eigentlich Lachse angeln. Gestern hätte einer (!!! von den vielen) einen kleinen Lachs gefangen. Aber heute noch nichts. Sie meinte dann verschmitzt, das wäre „fishing just for the fishing, not for the fish“.

Unterwegs auch hier wieder frei verfügbare Hütten. Besonders faszinierend finde ich immer wieder, wie gut sie sich mit den begrünten Dächern in die Natur integrieren.

Nach circa 1,5 Stunden wird die Strömung immer stärker und der Wasserfall ist bereits zu hören. Und dann kommt er auch in Sicht.

Unglaublich, welche Wassermassen hier durchdonnern. Die Gischt sprüht teilweise meterhoch. Da könnte man stundenlang stehen und zuschauen. Die Wanderung hat sich wirklich gelohnt. Der Bardufossen soll noch größer sein als der Målselvfossen hier. Aber dafür war ich auf der ganzen Wanderung, von den Anglern mal abgesehen, wieder ganz alleine unterwegs und nicht mitten im Getümmel von vielen Touris. 😉