Die Fahrt gestern Abend von Lappland bis zum Nordkap war zwar anstrengend, aber ich bin froh, dem Regen entkommen zu sein. In Norwegen ist es zwar trocken, aber dunkle Wolken hängen auch hier noch rundherum am Himmel.
Aber selbst bei dieser etwas trüben Stimmung begeistert mich die Landschaft. Die Fahrt entlang des Porsangen Fjord ist fantastisch. Immer wieder tolle Blicke über den Fjord lassen mich ständig anhalten zum Foto machen. Auch wenn die Bilder wegen des trüben Himmels etwas dunkel werden, ich bin fasziniert.
Rundherum auf den Hängen liegt überall noch Schnee und die Temperatur sinkt ständig weiter in den Keller. Und dann bin ich plötzlich drin in den Wolken und sehe die Hand vor Augen nicht mehr. Sichtweite keine 20 m. Das Vorwärtskommen wird schwierig. Ich fahre im Schritttempo. Hinter mir reihen sich langsam einige Fahrzeug in einer Schlange auf. Keiner hat Lust mich zu überholen und das Stochern im Nebel zu übernehmen. Die sind alle froh den Lichtern des Vordermannes folgen zu können. Ich habe niemanden vor mir und leider die A-Karte gezogen. Ich überlege, nicht mehr weiter zu fahren und hier irgendwo zu übernachten. Aber in diesem dicken Nebel ist es unmöglich eine Stelle dafür zu finden. Man kann überhaupt nicht erkennen, was neben der Straße ist. Es hilft nur die Flucht an vorne.
Irgendwann taucht aus dem Nebel dann die Einfahrtsschranke zum Nordkap auf. Ich habe es tatsächlich geschafft. Sie wollen 285 NOK (ca. 30 EUR) für 24 Stunden Parkerlaubnis. Ich finde in der dicken Suppe den Parkplatz fast nicht. Langes Suchen nach der besten Ecke ist nicht. Zusätzlich zu dem dicken Nebel bläst ein heftiger Sturm, so dass man gar nicht aus dem Auto aussteigen mag. Die Temperatur liegt inzwischen um 22:00 Uhr bei 4°C. Zusammen mit dem Wind fühlt es sich noch kälter an. Ich bin heilfroh, mir den dicken Wollpullover gekauft zu haben.
Ich hatte die verwegene Hoffnung, hier einmal die Mittsommersonne beobachten zu können, die nachts nicht unter den Horizont versinkt. Bisher war immer irgendwelches Gelände oder Wald dazwischen, sodass man das zwar wusste, aber nicht sehen konnte. Und hier am Nordkap ist keine Gelände mehr bis zum Horizont dazwischen. Aber nun nichts als dicker Nebel und Sturm.
Hundemüde von der anstrengenden Nebel-Fahrt kuschel ich mich deshalb sofort ins Bett. Die Standheizung läuft auf vollen Touren, aber trotzdem wird’s nicht so richtig warm. Der Wind wird immer stärker und weitet sich zum Sturm aus. Er rüttelt und zerrt an meinem Auto, dass es im Wind schwankt, wie ein Schiff auf hoher See im Sturm. Das Pfeifen des Windes ist inzwischen in ein Brüllen übergegangen. Mir wird angst und bange. Ich habe Visionen, dass dieser Sturm mich über irgendeinen Abhang oder eine Klippe schiebt und ich ins Meer stürze. Bei dem dicken Nebel habe ich überhaupt nicht mehr sehen können, wo ich eigentlich parke. Stehe ich vielleicht an einem solchen Abhang?
An Schlaf ist jedenfalls überhaupt nicht zu denken. Der Sturm macht mir Angst und ich friere wie ein Schneider. Es ist schweinekalt. Ich stehe um 4:00 wieder auf und mache mir einen Kaffee. Ich ziehe alles Warme an, was ich dabei habe. Dann mache ich mich auf, und will mich umschauen. Dabei stelle ich fest, die nächsten Wohnmobile stehen nur 15 m von mir entfernt, aber ich konnte sie nicht sehen. Ich taste mich bis zum Haus des Nordkaps vor, aber hier ist alles noch verschlossen. Also zurück zum Auto, ich hoffe, ich finde es wieder. Der Sturm bläst so stark, dass es mich fast umweht.
Dann kuschel ich mich mit allen dicken Klamotten noch an, wieder ins Bett. Zu allem Unglück streikt jetzt auch noch die Standheizung. Sie bringt eine Fehlermeldung mit einem Fehlercode. Leider sind jedoch in der Kurzanleitung, die ich nur mitgenommen habe, keine Fehlercodes aufgelistet. Also keine Ahnung, was ihr nicht passt. Ich versuche es etwas später noch mehrmals, aber immer der gleiche Fehler. Und dann, oh Wunder, plötzlich geht sie wieder nachdem ist mittlerweile zu Eis erstarrt bin.
Um 9:00 mache ich einen erneuten Versuch und jetzt ist das Nordkap-aus offen. Es hat jede Menge Cafés, Souvenirshops (na klar) und einige merkwürdige Ausstellungen. Ich gelange über die Terrasse nach draussen und kämpfe mich durch den Sturm und den Nebel in der Richtung vorwärts, wo ich das Symbol des Nordkaps, die Weltkugel vermute. Ich finde sie.
Wo das Meer ist? Keine Ahnung. Rundherum nur Nebel. Das Brüllen des Sturms ist auch so laut, dass man keine Brandung hören kann. Also ganz schnell die obligatorischen Fotos erledigen und dann wieder rein ins Warme. Die Finger frieren beim Foto machen fast ab. Handschuhe hatte ich mir keine gekauft. Wenigstens eine Mütze hatte ich mir noch geleistet und über die bin ich nun heilfroh.
So, das war das Nordkap bei 71°10’21“.
Schnell wieder zurück zum Auto und Weiterfahren. Heizungsgebläse auf Volldampf und wieder auftauen.