Pyhä-Luosto Nationalpark

Es hat die ganze Nacht durch geregnet und auch heute morgen noch nicht aufgehört. Die Wettervorhersage hatte für heute eigentlich einen trockenen Tag angekündigt, aber Petrus hält sich nicht daran.

Gegen Mittag hört es endlich auf zu regnen. Ich nutze diese Regenpause und breche sofort zu meiner geplanten Wanderung auf. Der Pyhä-Luosto Nationalpark besteht im Wesentlichen aus zwei parallel verlaufenden Höhenrücken von etwas über 500 m Höhe mit einer tiefen Schlucht dazwischen. Über den ersten Rücken erstreckt sich ein ausgedehntes Skigebiet. Den zweiten Rücken kann man nur erreichen, wenn man den ersten erklimmt in die Schlucht absteigt und dann auf diesen zweiten hinauf. Ich werde mich mit dem ersten Höhenrücken begnügen.

Der Wanderweg führt zunächst an den Seilbahnen vorbei. Einer der Sessellifte ist sogar in Betrieb und befördert im Sommer Wanderer direkt zum höchsten Punkt. Ich kämpfe ganz kurz mit mir (wirklich nur gaaaanz kurz) und nehme dann den Aufstieg zu Fuß auf dem Wanderweg in Angriff.

Der gesamte Höhenrücken ist quasi ein Felsenmeer. Aber der Ausblick nach unten wird immer besser je höher ich komme.

Langsam aber sicher gewinne ich an Höhe. Die Skipisten sehen im Sommer natürlich nicht so toll aus. Für die Rentiere scheinen sie aber ein willkommener Rastplatz zu sein. Mitten auf der Piste lagert eine ganze Gruppe. Der Zoom zeigt erst richtig, was das bloße Auge kaum erkennen kann.

Nach guten 1,5 Stunden habe ich die 500 Höhenmeter geschafft und bin oben angelangt. Auf dem „Gipfel“ an der Endstation des Sesselliftes steht (natürlich) ein Restaurant. Hier genehmige ich mir einen Kaffee und ganz leckere Waffeln mit Moltebeeren.

Die Moltebeeren wachsen nur hier in den nördlichen Regionen von Finnland. Sie haben eine orange Farbe sind sehr süss und voll mit Vitamin C.

Der Aufstieg hier hoch auf dem Wanderweg war nicht besonders reizvoll, da es ein breiter Schotterweg ist, der auch als Zufahrt zur Bergstation dient. Ich habe keine Lust, diesen „Volkswanderweg“ auch wieder abzusteigen. Deshalb suche ich auf der anderen Seite des Berges nach einer Möglichkeit und finde einen Pfad. Diesem folge ich ein Weile bevor es wirklich abenteuerlich wird.

Es wird immer steiler und Ich brauche meine ganze alpine Erfahrung um hier runter zu kommen.

Da unten in die Schlucht will ich runter. Jetzt vermisse ich wirklich meine Bergstiefel. Die Trekkingschuhe sind diesem Gelände nicht gewachsen und werden ganz schön ramponiert. Aber irgendwie schaffe ich es und treffe dann im unteren Teil auf einen anderen Wanderweg. Dieser ist für Normaltouristen mit Treppen angelegt, um das steile Gelände zu meistern. Ich bin aber auch ganz dankbar dafür.

Die Treppen führen dann bis ganz nach unten in die Schlucht und hier wird es wildromantisch.

Der Wanderweg verläuft in der Schlucht einige Kilometer auf einem Holzsteg, da das ganze Gelände entweder aus Felsbrocken oder aus Wasser besteht. Danach mündet er dann in einen Waldweg quer durch Heidelbeersträucher.

Nach ca. 5 Stunden bin ich wieder zurück am Auto und mein Knie hat die letzten Kilometer heftig protestiert. Als ich das Auto aufschließe fängt es wieder an zu regnen. Das war perfektes Timing!

Um die gröbsten Schäden an den Trekkingschuhen zu beheben, muss jetzt erst mal wieder der russische Superkleber ran.

Morgen will ich dann weiter nach Norden fahren bis zum Inari-See. Dort habe ich mir für übermorgen eine Rafting-Tour gebucht, die über den ganzen Tag gehen soll, zwischendrin mit Besichtigung einer Goldgräbersiedlung. Laut Meteoblue soll sich bis dahin die Sonne wieder durchsetzen.

Weiterfahrt nach Nordlappland

In der Nacht fängt es wieder an zu regnen. Also schlafe ich erst mal gaaaanz lange aus. Das Thermometer zeigt heute nur noch 9,5°C an. Jetzt wird’s langsam eng mit meinen Klamotten. Habe hauptsächlich Sommerklamotten dabei. Egal es geht weiter Richtung Norden.

Mein nächstes Ziel: der Pyhä-Luosto Nationalpark. Ein richtig bergiges Gebiet und ein tolles Wanderparadies.

Zunächst einmal muss ich ca. 30 km Schotterpiste wieder zurück bis zur Hauptverbindungsstraße Richtung Sodankylä. Eine gerade Strecke bis zum Horizont. Man sieht, wie viele Autos einem in einer halben Stunde entgegen kommen werden. Wie so oft hier: Null.

Das Witzige auf diesen langen Nebenstrecken sind die Hausnummern. Das letzte Haus hatte die Hausnummer 4915. Aber so viele Häuser gibt’s hier doch gar nicht!! Meine Frage, wie das zustande kommt, bringt Erleuchtung: Vom Anfang dieser Straße wird die Strecke bis hierher gemessen. Es sind genau 49,15 km. Deshalb bekommt das Haus die Nummer 4915. Und die Häuser liegen hier ja kilometerweit auseinander. Das nächste Haus hat die Nummer 3245, also bei Kilometer 32,45. Siedelt sich hier also irgendwann noch mal jemand zwischendrin an, bekommt er einfach die Entfernung zwischendrin als Hausnummer und es müssen nicht alle umbenannt werden. Es hat außerdem den Vorteil, wer ein Haus sucht, weiß genau, er muss 49,15 km fahren, dann ist er am Ziel. Total simpel und einleuchtend.

Und dann plötzlich jede Menge Rentiere an der Straße. Erst drei sehr stattliche Burschen mit prächtigem Geweih.

Ich dachte, ich mach schnell erst mal ein Foto aus dem Fenster bevor sie im Wald verschwinden. Aber sie lassen sich von mir überhaupt nicht stören, so dass ich in Ruhe näher kommen und ein weiteres Foto machen kann.

Und dann in einer Art großen Sandgrube gleich ein ganzes Rudel. Der Sand bietet ganz guten Schutz vor den Moskitos, die sich lieber im Wald aufhalten. Und die Rentiere sind genauso genervt von diesen Blutsaugern, wie wir Menschen.

So gestaltet sich die Fahrt bis in den Pyhä-Luosto Nationalpark recht abwechslungsreich. Mit max. 80 kmh tuckere ich dahin. Denn außer auf die Schlaglöcher der Piste muss ich nun ständig rechts und links den Waldrand scannen, damit mir nicht eins der Tiere ins Auto läuft. Oft erkennt man sie aufgrund des unauffälligen graubraunen Fells erst in letzter Sekunde.

Im Pyhä-Luosto Nationalpark angekommen versorge ich mich im Touristen-Büro erst mal wieder mit Infos über den Nationalpark. Ich hoffe das Wetter wird die nächsten Tage etwas besser, damit ich ein paar Wanderungen unternehmen kann. Heute hat es noch den ganzen Tag lang geregnet.

Die Moskitos sind hier aber auch bei Regenwetter aktiv und zahlreich. Ständig schwirren sie um einen rum. Aber man härtet tatsächlich ab. Ich lasse sie schwirren und kümmere mich nicht weiter drum. Gestochen werde ich aber auch nur noch selten, oder meine Intensivbehandlungen bei der Moorwanderung zeigt nun doch Wirkung. Es gibt keine großen Quaddeln mehr. Und wenn ich doch mal gestochen werde juckt es 10 Minuten lang tierisch, aber wenn ich mich beherrsche und nicht kratze ist es dann auch schon vorbei. Ich habe schon mehrere Finnen gefragt, was sie gegen die Moskitos machen. Aber die Antwort war immer nur: nichts. Und wenn sie mal gestochen werden, gehen sie in die Sauna.

Da es so kalt ist, trage ich seit ca. 2 Wochen täglich das einzige langärmelige Shirt und den einzigen warmen Pulli. Die restlichen Klamotten, die ich eingepackt habe, sind alle durchweg nur für Temperaturen über 20°C geeignet.

In Pyhätunturi finde ich ein Sportgeschäft und kaufe mir erst mal warme Klamotten. Ein Fleeceshirt und ein warmer Wollpullover bringen jetzt endlich etwas Abwechslung in mein tägliches Outfit.

Ich war auch wieder Lebensmittel einkaufen. Inzwischen kenne ich mich in den K-Markets richtig gut aus. Hier gibt’s jetzt auch den Rentierschinken im normalen Lebensmittelladen, schließlich bin ich jetzt im Rentierland.

Zum Abendessen im neuen blauen Pullover aus reiner Wolle (!!!) gibt es dann gebratene Zucchini mit einem finnischen Räucherkäse und Rentierschinken. Mhmmmm.

Übersicht

Hier die Strecke, die ich inzwischen seit Oulu zurück gelegt habe:

Der Überblick zeigt, dass ich es in Finnland schon recht weit in den Norden geschafft habe.