Finnland: Wald, Seen, Sauna, Moskitos und Rentiere
Und Schlaglöcher und Radarblitzgeräte.
Ersteres ist über ganz Südfinnland verteilt. Speziell wenn man von den Hauptverbindungsstraßen (Autobahnen gibt’s nur ganz wenige, kurze Strecken) auf eine Nebenstraße abbiegt, befindet man sich sofort auf einer Schotterpiste, die es in sich hat. Hier ist Slalomfahren angesagt und trotzdem schafft man es nicht, allen Schlaglöchern auszuweichen. Wenn dann in Lappland auch noch auf Rentiere am Straßenrand geachtet werden muss, die eventuell genau vor dir die Straße überqueren wollen, dann wird’s schwierig die Augen überall zu haben.
Die Radarblitzgeräte konzentrieren sich hauptsächlich auf den Süden Finnlands. Dort aber stehen sie auf den Hauptstrecken ca. alle 2 km, zumindest direkt hinter jeder Geschwindigkeitsbegrenzung. Und die gibt es ständig. In Lappland ist mir noch kein einziges Blitzgerät aufgefallen, aber hier im Norden fährt sowieso niemand die zulässig Höchstgeschwindigkeit, geschweige denn mehr, da die Rentiere hier als natürliche Bremse wirken. Ich selbst bin hier in Lappland mit Tempo 60 unterwegs und habe das Gefühl, ich bin immer noch zu schnell. Ständig die Befürchtung ein Rentier vor dem Kühler zu haben, macht mürbe und auch ein wenig irre. Inzwischen halte ich jede größere Baumwurzel neben der Straße zunächst erst mal für einen Elch oder ein Rentier. Wenn ich dann daran vorbeifahre, bin ich ganz enttäuscht, dass es doch wieder nur ein Stück totes Holz war.
Einen Elch habe ich bisher nur ein einziges Mal neben der Fahrbahn gesehen, Rentiere dafür jede Menge. Sie kommen einem auf der Fahrbahnmitte entgegen, oder quer aus den Seitengräben. Dann laufen sie mitten auf der Straße vor dem Auto her, kilometerweit, schauen ab und zu über die Schulter, ob du noch da bist. Und wenn du dich dann endlich traust, sie zu überholen, laufen sie dir genau in dem Moment quer vors Auto.
Bei meinen Übernachtungsplätzen an diversen Seen war meist ein Grillplatz mit dabei. Die sind hier in Finnland überall Standard, egal ob am Wasser oder im Wald. Meist ein Steinkreis um eine Feuerstelle, umgeben von Baumstämmen als Bänke. Oft aber auch richtige Grillhütten mit einer gemauerten Feuerstelle in der Mitte und rundherum Bänke. Auf einem Grillgestell hängen auch Werkzeuge wie Säge, Axt, Grillstangen oder Holzstöcke, auf die das Grillgut aufgespießt werden kann. In einer zweiten Hütte lagert oft das Brennholz, von der Forstverwaltung wird es aufgefüllt für Wanderer, Besucher und einheimische Fischer. Sogar Streichhölzer sind zu finden. Außerdem gibt es meist etwas abseits ein kleines Toilettenhäuschen, mit sauberem Plumpsklo und WC-Papier (!!!). Das alles kann unentgeltlich benutzt werden (inklusive Brennholz), nichts ist verschlossen. Und es gibt keinen Vandalismus, alles immer top in Ordnung, und das Werkzeug verschwindet auch nicht. Die jeweiligen Benutzer hacken oft sogar für die nächsten Besucher noch Holz und stapeln es sauber in der Feuerstelle. Müll wird natürlich restlos mitgenommen, meist gibt es eine Mülltonne direkt neben der Hütte. Oder sogar mehrere zur sauberen Mülltrennung!
Auf einigen Campingplätzen wurde mir kostenlose Sauna am Morgen von 08:00 – 10:00 angeboten. Für abends musste man reservieren und bezahlen. Sauna am Morgen – das ist hier normal, denn Sauna ist in Finnland kein Feierabendvergnügen, wie bei uns. Sauna gehört zur täglichen Hygiene. Wie Zähneputzen, und das macht man ja auch morgens und abends. Oder direkt nach dem Golfen. In jedem Golfclub gibt es in den Umkleideräumen eine Sauna für die Damen und eine für die Herren.
Die Finnen wiegen nichts ab. Wenn man auf dem Markt 1 kg Kartoffeln möchte, wird man fragend angeschaut. Hier wird alles in Litern verkauft. Die Marktfrauen haben ein Gefäß für 1 Liter und das wird gefüllt, oft mit einem beachtlichen Berg darüber hinaus. Auch die Preise beziehen sich jeweils auf 1 Liter Kartoffeln, oder 1 Liter Erdbeeren. Das war für mich anfangs sehr gewöhnungsbedürftig, da ich keine Ahnung hatte, wieviel 1 Liter Kartoffeln sind.
Das Bezahlen erfolgt hier eigentlich grundsätzlich mit Plastik. Alles, von der Tasse Kaffee angefangen, wird mit Karte bezahlt. Jede Marktfrau, jeder kleine Imbiss oder Kaffeestand hat ein Kartenlesegerät. Wenn jemand tatsächlich mal etwas bar bezahlt, wird der Betrag auf 5 Cent (manchmal sogar auf 10 Cent) aufgerundet. Mit 1 oder 2 Cent Münzen gibt sich der Finne nicht ab. Es gibt zwar wenige Prägungen der finnischen 1 und 2 Cent-Münzen, aber sie haben inzwischen Sammlerwert.
Die größte Plage Finnlands: Moskitos. Im ganzen Land stehen Elch- und Rentier-Warnschilder, aber nirgendwo wird vor den Blutsaugern gewarnt. Gottseidank sind sie nicht überall. Ich habe Gegenden erlebt, die total mückenfrei waren, andere dagegen waren regelrecht verseucht. Nur einmal für 3 Sekunden die Tür zum Ein- oder Aussteigen geöffnet, schon hatte ich ca. 30 Moskitos im Wagen herumschwirren. Und versuch mal beim Fahren einen Moskito, der dich umschwirrt, zu erschlagen. Du wirst sofort zur Verkehrsgefährdung. Aber abends gemütlich im Auto sitzen war kein Problem, solange die Fenster und Türen geschlossen blieben. Beim Kochen hatte ich jedoch das Problem, das der brennende Spirituskocher die Augen stark reizte. Ich musste deshalb beim Kochen immer die Schiebetür etwas öffnen … Danach habe ich dann jeweils wild um mich geschlagen. Sieben auf einen Streich waren kein Problem, denn anders als bei uns, sind die Moskitos hier ziemlich träge und lassen sich gut erwischen. Es ist aber ein ganz schönes Gemetzel. Und die Leichen kann ich dann auch nicht nach draußen entsorgen, denn dafür müsste ich ja wieder eine Tür öffnen …
Im ARKTIKUM in Rovaniemi waren alle Mückenarten sauber aufgespießt auf Nadeln zu bewundern. Sie waren klassifiziert und beschrieben und durch ein Vergrößerungsglas zu betrachten. Das flößt noch mehr Respekt ein vor diesen fiesen kleinen Monstern. Aber es vermittelte auch ein gewisses schadenfreudiges Gefühl der Genugtuung, sie ihrerseits so aufgespießt zu sehen …..