Fahrt von Lettland nach Estland

Das Wetter hat sich auf angenehme 22° reduziert, die weitere Fahrt in Richtung Estland wird dadurch sehr angenehm.

Auf der Fahrt entdecke ich bereits nach kurzer Zeit eine Art Insel in einem See mit kleinen Holzhäusern. Das muss ich mir näher anschauen.

Inselsiedlung Āraiši

Archäologischer Park Araisi

Eine sehr nette Dame auf dem Parkplatz an dem See Araisi erklärt mir, dass es sich um eine Lettgallische Inselsiedlung aus dem 9. – 10. Jahrhundert handelt. Sie haben sie erst kürzlich entdeckt und sind im Moment dabei, die gesamte Siedlung anhand der Funde zu rekonstruieren. In Kürze wird es fertig und offiziell als „Archäologischer Park Āraiši“ eröffnet.
Ausser der Inselsiedlung gibt es noch zwei weitere Bereich, so dass sich die gesamte Anlage in 3 Teile aus verschiedenen Zeiten gliedert:

  • Mädcheninsel mit den Rekonstruktionen von Behausungen aus der Stein-, Bronze- und jüngeren Eisenzeit
  • Inselsiedlung Āraiši mit lettgallischen Pfahlbauten aus dem 9. – 10. Jahrhundert
  • Burgruine des Livonischen Ritterordens (14. – 17. Jahrhundert)

Einen detaillierten Prospekt gibt es noch nicht, aber sie haben schon mal ein provisorisches Infoblatt in einigen Sprachen (sogar auf Deutsch) erstellt.

Ich bin total begeistert von der Freundlichkeit der Dame und nach einer Spende von 2 € darf ich die Anlage besichtigen. Ich nehme mir erst mal die Burgruine eines Livonischen Ritterordens (14. – 17. Jh.) vor, denn ich hoffe, von dort oben vielleicht einen guten Überblick zu haben.

Burgruine des Livonischen Ritterordens

Das mit dem Überblick war leider nichts und viel von der Burg ist auch noch nicht rekonstruiert. Aber sie sind fleißig am ausbuddeln und haben doch schon einige Teile wieder hergestellt.

Dach geht es über einen Holzsteg auf die Inselsiedlung. Sie besteht aus einer Rundholzplattform, die auf einer Sandbank errichtet ist. Die Siedlung umfasst insgesamt 16 Häuser. Vor jedem der Häuser gibt es direkt neben dem Durchstieg ins Innere einen Wirtschaftsanbau/Stall.

Inselsiedlung Araisi
Inselsiedlung Araisi
Inselsiedlung Araisi

Alles ganz niedrig (man muss ständig den Kopf einziehen) und nur ganz enge „Gassen“ zwischen den Häusern. Interessant aber auch die Details, wie z.B. die Konstruktion der Dachaufhängung mit Astgabeln und integrierter Dachrinne aus einem ausgehöhlten Stamm.

Inselsiedlung Araisi
Inselsiedlung Araisi

Im Inneren der Häuser gut zu erkennen, die diversen Werkzeuge oder der Backofen in der Mitte. All diese Funde lassen auf unterschiedlichen Berufe der Bewohner schließen, wie Bäcker, Schmied und Imker.

Inselsiedlung Araisi

Die ersten Einwohner am Āraiši See haben sich bereits in der Steinzeit hier angesiedelt. In einem kleinen Birkenwald wurden einige Behausungen rekonstruiert, wie sie aus der Steinzeit und der Bronzezeit bekannt sind, sowie einen Erdofen.

Bronze- und Steinzeit-Siedlung
Bronze- und Steinzeit-Siedlung
Bronze- und Steinzeit-Siedlung
Bronze- und Steinzeit-Siedlung
Erdofen aus der Bronze- und Steinzeit-Siedlung
Bronze- und Steinzeit-Siedlung

WOW, ich bin fast erschlagen von soviel Geschichte, aber auch total begeistert, dass ich das entdeckt habe.

Weitere Fahrt

Die weitere Fahrt gestaltet sich dann ganz gemütlich. Ich will bis Pärnu fahren und mir dann dort einen Campingplatz suchen.

Auf der Fahrt entdecke ich immer wieder Gehöfte, bei denen man das Gefühl hat, hier ist die Zeit stehen geblieben. 14. Jh. oder doch Gegenwart?

Altes Gehöft in Lettland

Kurz darauf passiere ich die Grenze zu Estland. Die Landschaft verändert sich etwas. Ausgedehnte, wunderschöne Birkenwälder beherrschen das Bild. Ansonsten ändert sich nicht viel. Die gleiche dünne Besiedlung und der gleiche Baustil wie in Lettland und Litauen. Lediglich die Sprache unterscheidet sich drastisch vom Litauischen und Lettischen. Die Estnische Sprache ist mehr mit dem Finnisch verwandt. Viele, viele Vokale (meist gleich doppelt). Muss mich mal schlau machen, wie man sie ausspricht.

Bereits am frühen Nachmittag bin ich dann in Pärnu und weiß nicht so recht, was ich hier soll. Deshalb beschließe ich, bis auf die Insel Saaremaa weiter zu fahren. Hier soll alles noch etwas urwüchsiger, noch einsamer sein als auf dem Festland. Zu sowjetischer Zeit war Saaremaa militärisches Sperrgebiet. Erst seit dem Abzug der Besatzer wurde die Insel frei zugänglich.

Ich fahre also bis nach Virtsu weiter, um dort die Fähre auf die Insel Saaremaa zu nehmen. Ich habe Glück und muss nur 10 Minuten warten, dann bin ich auf der Fähre.

Fähre vom Festland nach Saaremaa

Die Fähre bringt uns nur auf die Insel Muhu rüber. Von dort geht es wieder mit dem Auto weiter und über eine Landbrücke dann auf die Insel Saaremaa weiter.

Da es nun doch schon Abend geworden ist, fahre ich auf Saaremaa angekommen, nur noch kurz die Küste nach Nordosten hoch, um mir einen Schlafplatz zu suchen. Ich fahre direkt an der Küste klang und finde irgendwann einen kleinen Schotterweg, der als Stichstraße zum Meer führt. Hier finde ich einen kleinen Parkplatz vor, der mir einen Schattenplatz unter Bäumen direkt am Wasser bietet. Ein weiteres Wohnmobil steht hier ebenfalls wild. Also stelle ich mich dazu.

Stellplatz und Lagerfeuer auf Saareema

Der Besitzer des anderen Wohnmobils ist ebenfalls ein Alleinreisender. Er kommt rüber und bringt Stuhl und Rotwein mit. Wir machen uns dann zusammen ein Lagerfeuer und quatschen bis um 2 Uhr nachts über hochphilosophische Themen wie Schicksal, Einfluß der Sterne und selbstbestimmtes Handeln (die ersten beiden Punkte sind von ihm, ich vertrete den letzten). Ich bekomme von ihm noch eine tolle App empfohlen, die genau solche wilden Stellplätze, wie diesen hier, auflistet. Die lade ich mir gleich am nächsten Morgen hoch.

Sonnenuntergang auf Saareema
Sonnenuntergang auf Saareema

Nach dem Sonnenuntergang um ca. 23:00 Uhr bleibt es für den Rest der Nacht bei diesem einzigartigen Dämmerlicht.

Die heutige Strecke:

Kanutour auf der Gauja

Gestern bei der Ankunft auf dem Campingplatz hatte ich mich gleich für eine Kanutour auf der Gauja angemeldet. Das Wetter spielt heute richtig schön mit. Gestern Abend war es sehr frisch geworden und ein heftiger Wind machte es draußen etwas ungemütlich. Aber heute scheint wieder sie Sonne vom blauen Himmel. Perfekt für die Kanutour.

Um 10:00 Uhr sollte ich an der Rezeption sein. Sehr erfreut war ich dann, dass ich nicht alleine war. Es war noch ein deutsches Ehepaar aus Künzelsau dabei. Die beiden waren mir auf Anhieb sympathisch. Kurz darauf kam noch ein weiteres Ehepaar hinzu, so dass wir zu fünft waren.

Wir wurden dann allesamt zusammen mit den Kanus verladen und vom Chef des Campingplatzes an den Start bei Cesis gebracht.

Kanutour auf der Gauja

Es wurde vereinbart, dass wir bis nach Ligatne die Gauja runter paddeln und dort bei der Fähre an Land gehen. Dann sollten wir den Chef kurz anrufen, damit er uns dann dort wieder abholen kann.

Und ruck-zuck gings auch schon los. Die Gauja ist ein recht breiter Fluß, der gemächlich in vielen Windungen dahin fließt. Er hat einige kleinere Stromschnellen darin, die aber keine große Herausforderung darstellen. Man paddelt also (eigentlich) recht gemütlich vor sich hin.

Kanutour auf der Gauja
Sandsteinfelsen entlang der Gauja

Die beiden Ehepaare hatten jeweils einer 2er-Kanu erhalten. Für mich gab’s ein kleineres Einzelkanu. Und mit dem war ich deutlich langsamer als die beiden anderen Kanus. Ich habe gepaddelt wie wild, hatte aber keine Chance mit den anderen beiden Booten mitzuhalten, die über doppelte Paddelkraft verfügten. Nach kurzer Zeit waren sie auf und davon. Ich habe es dann aufgegeben mitzuhalten, um die Zeit unterwegs auch mal für Fotos der tollen Sandsteinfelsen entlang des Ufers nutzen zu können.

Sandsteinfelsen entlang der Gauja
Sandsteinfelsen entlang der Gauja
Sandsteinfelsen entlang der Gauja

Für eine Mittagspause hatten meine Mitpaddler dann auf einer Sandbank Rast gemacht, um auf mich zu warten. Ich bin danach etwas früher aufgebrochen, so dass ich ein bisschen Vorsprung genießen konnte, ohne ständig das Gefühl zu haben, mich beeilen zu müssen, damit sie nicht so lange warten müssen.

Sandsteinfelsen entlang der Gauja

Immer wieder traumhafte Felsen unterwegs, sowie viel ursprünglicher, naturbelassener Wald.

Anlegestelle bei der Fähre in Ligatne

Und dann haben wir nach ca. 3 Stunden den vereinbarten Ausstiegspunkt an der Fähre in Ligatne erreicht. Ein kurzes Telefonat mit dem Chef und kurze Zeit später war er mit seinem Bus auch schon da, um uns wieder aufzusammeln.

Seilzugfähre in Ligatne

Die Fähre in Ligatne ist eine der letzten Seilzugfähren im Baltikum. Sie ist aus zwei aneinander befestigten Booten gebaut, auf denen ein Deck aus Holzlatten liegt. Sie kann bis zu 3 PKWs transportieren und wird an einem über den Fluss gespannten Seil gehalten. Den Antrieb der Fähre übernimmt die Strömung. Super simple Konstruktion, super effektiv.

Abendessen im Gutshof Ungurmuiza

Mit dem Ehepaar aus Künzelsau habe ich dann nachmittags noch eine Fahrradtour unternommen. Wir wollten zum Essen zu dem Gutshof Ungurmuiza radeln. Der Hinweg wurde unfreiwillig etwas länger, da wir einmal falsch abgebogen sind. Aber gefunden haben wir es, etwas später als geplant, dann doch noch.

Gutshof Ungurmuiza

Der Gutshof Ungurmuiza wurde 1756 von einem Deutschen hier ganz aus Holz in einem barocken Stil erbaut. Er ist wunderbar erhalten und wird im Moment zum Museum umfunktioniert. Die Chefin lädt uns sofort ein, doch reinzukommen und uns das Haus anzuschauen. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen. Beeindruckend und wunderschön. An den alten Holzwänden sind noch die Originalmalereien erhalten.

Gutshof Ungurmuiza

Auf Nachfrage gestattet sie uns dann auch noch, unsere Fahrräder auf der überdachten Terrasse hinter dem Haus abzustellen. Der Himmel zeigt inzwischen ziemlich drohende, dunkle Gewitterwolken, und wir wollten ungern nach dem Essen auf komplett nasse Räder steigen müssen.

Hinter dem Gutshof befindet sich das Restaurant. Ebenfalls ein wunderschönes Gebäude. Der kleine, gemütliche Gastraum weist dann nur insgesamt 5 Tische auf. Aber alles sehr nobel, ohne überzogen zu sein … ein tolles Ambiente.

Gutshof Ungurmuiza
Gutshof Ungurmuiza

Die Gerichte, die hier angeboten werden, sind ausschließlich mit regionalen Zutaten von den Bauernhöfen der Umgebung und werden nach den alten Rezepten des Gutshofes gekocht. Es hat wunderbar geschmeckt und wird zu einem ganz tollen Abend.

Als wir uns für den Heimweg dann wieder auf die Räder schwingen, setzt doch noch der Regen ein. Zwar nicht sehr stark, aber es reicht, um komplett nass zu werden. Die Blitze und der Donner sind noch etwas entfernt, kommen aber näher. Wir erreichen den Campingplatz gerade noch rechtzeitig, bevor das Gewitter sich über uns austobt. Fast die ganze Nacht schüttet es wie aus Kübeln, blitzt und donnert. Wir haben also noch richtig Glück gehabt.

Fahrt von Riga in den Gauja Nationalpark

Endlich sind die Temperaturen auf angenehme 22° gesunken. Gerade richtig für die Fahrt von Riga weiter in nordöstlicher Richtung in den Gauja Nationalpark.

arte Fahrt von Riga in den Gauja Nationalpark

Der Gauja Nationalpark ist der größte und älteste Nationalpark Lettlands. Benannt ist er nach dem Fluss Gauja, der sich durch den gesamten Nationalpark zieht. Der Nationalpark ist aber keine reine Wildnis, sondern in den drei kleinen Städten Sigulda, Cesis und Valmiera stark touristisch orientiert. Aber die kann ich ja umfahren … 😉

Kurz hinter Sigulda komme ich an der riesigen Trutzburg Turaida hoch über der Gauja vorbei. Die will ich mir schauen.

Burg Turaida

Bevor man die Burg erreicht kommt man beim Aufstieg auf den Hügel an einer kleinen alten Holzkirche vorbei, die zur Burg gehört. Sie besticht durch ihre Schlichtheit, sowohl von außen, als auch in ihrem Innenraum.

Die Burg thront hoch über dem Fluss Gauja auf einem Hügel. Sie war nicht nur ein strategischer Verteidigungpunkt, sondern spielte auch eine wichtige Rolle in der Welt der lettischen Sagen und Legenden.

Burg Turaida
Burg Turaida
Burg Turaida

Auf den dicken Wehrturm führt innen eine Wendeltreppe bis ganz hinauf. Der Aufstieg wird dann mit einem grandiosen Blick hinunter in den Burghof und über die Gauja belohnt.

Auf der weiteren Fahrt komme ich kurz danach noch an einem kleinen Freilichtmuseum vorbei. Es zeigt in einem alten lettischen Hof mit seinen Nebengebäuden, wie das typische Leben früher in Lettland aussah. Für so etwas bin ich immer zu haben und schwenke sofort auf den Parkplatz ein.

Der Bauernhof stammt aus dem 18. Jahrhundert. Hinter dem Haus befindet sich noch der alte Brunnen.

alter lettischer Bauernhof

Außerdem gehört ein kleines Bade-/Sauna-Häuschen dazu. Die Sauna im Inneren sah schon damals so aus, wie heute auch noch. Dekoriert sind dort auch all die Bündel aus Birkenzweigen und teilweise aromatischen Kräutern, mit denen man sich während des Saunagangs selbst oder gegenseitig geschlagen hat, um die Durchblutung zu fördern. Kleine Verkaufsstände mit solchen Bündeln habe ich auf der Fahrt mehrfach gesehen. Auch heute gehört das in Lettland unbedingt zu einem Saunabesuch dazu. Leider war es in dem Saunahäuschen zu dunkel zum Fotografieren und mit Blitz zu arbeiten nicht erlaubt.

Saunahäuschen

Direkt neben dem Teich gab es noch den Fisch-Keller. Darin befanden sich einzelne Becken, die mit Wasser aus dem Teich gespeist wurden und in denen Fische lebend frisch gehalten werden konnten. Einen Kühlschrank gab es ja noch nicht.

Die Fahrt ging dann noch bis zum Raiskuma See. In Raiskums hatte ich mir den Apalkalns Campingplatz herausgesucht. Und ich bin begeistert. Er liegt (wie sollte es anders sein?) wieder mal direkt am See, ist superschön und weitläufig angelegt. Ich habe wie üblich die freie Platzwahl mit eigener Feuerstelle und Grill und eigenem Tisch mit Bänken.

Campingplatz Apalkalns

Restlos begeistert bin ich dann noch von den Facilities: super modern total gepflegt und sauber. Separater Pavillon mit Küche. Separate sanitäre Häuser mit WC, Duschen, großen Spülen, Waschmaschine und Trockner. Und es gibt sogar einen Fön. Ich kann endlich mal wieder Haare waschen!

Abgerundet wird das ganze mit einem Verleih von Kanus und Fahrrädern. In die Rezeption ist auch noch ein kleiner Shop integriert, in dem man die notwendigsten Dinge kaufen kann. Wie z.B. eine Flasche des örtlichen Biers. Die Größe der Flasche (1 Liter) zeigt, wie gerne die Letten Bier trinken. Ich fühle mich zuhause … eine der Flaschen mit dem dunklen Bier gehört sofort mir.

Lettisches Bier

Ruhetag ausserhalb von Riga

Nach der anstrengenden Stadtbesichtigung, war mir nach einem Ruhetag zumute. Außerdem standen ja ein paar Reparaturen am Auto an. Dafür war dieser Tag gerade recht.

Alle Organizer-Taschen für den ganzen Kleinkram, den man ständig zur Hand haben sollte, hatte ich mit selbstklebendem Klettband („extra strong“) an den Seitenwänden ringsherum aufgehängt. Bei den extremen Temperaturen der letzten Tage gab es oft weit über 40° tagsüber im abgestellten Wagen. Die hohen Temperaturen haben nicht nur mich, sondern auch diesen Extra-Strong-Kleber geschafft. Die Klettbänder lösten sich eines nach dem anderen ab.

In dem litauischen Baumarkt habe ich einen russischen Superkleber gefunden, der Temperaturen von -40° bis +110° aushalten soll.

Russischer Superkleber
Klettstreifen wieder befestigt

Damit habe ich die Klettstreifen dann erneut an den Wänden befestigt. Mal schauen, ob der Kleber hält was er verspricht. Dieses Mal habe ich die Klettstreifen und viel schräger angebracht. So passt sich der Organizer besser dem Rahmenabsatz an.

Die Organizer hängen jetzt jedenfalls erstmal wieder an ihrem Platz.

Der Organizer hängt wieder

Bezüglich des Spiegels auf der Innentür des Kleiderschranks hatte ich schon beim Ausbau nach einer anderen Lösung gesucht. In deutschen Baumärkten hatte ich jedoch nirgends einen Spiegel gefunden, der von den Abmessungen gepasst hätte. Deshalb hatte ich mir mit einer Spiegelfolie beholfen. Aber erstens gab diese Folie nur ein recht verzerrtes Bild von mir wieder und zweitens musste ich immer etwas um die Ecke gucken, da die Schranktür nicht ganz aufgeht.

In dem litauischen Baumarkt habe ich dann einen Spiegel entdeckt, der genau die Breite hat, die passt. Er besitzt allerdings ringsherum eine Verzierung aus zwei Reihen Steinchen aus Straß. Aber ich habe aufgehört wählerisch zu sein, es war mir egal. Dieses Bling-Bling nehme ich jetzt einfach mal hin und montiere mir den Spiegel auf der Außenseite der Schranktür. So kann ich mir bequem davor sitzend und unverzerrt die Haar kämmen.

Spiegel mit Bling-Bling

Ist er nicht wunderschön? 😉

Danach habe ich mich dann noch ausgiebig in meine Reiseführer vertieft um Pläne für die weitere Fahrt zu schmieden. Ziemlich schnell kristallisierte sich dann der Gauja Nationalpark heraus, der mir so viel Natur versprach, wie ich wahrscheinlich gar nicht konsumieren kann.

Riga

Stadtbesichtigung

Ich hatte mir über die Plattform Getyourguide.de erneut einen einheimischen Führer für Riga gebucht. Wir sollten uns um 14:00 Uhr an der Freiheitsstatue treffen. Ich bin recht früh nach Riga rein gefahren, da ich dachte auf eigene Faust vorher noch ein bisschen Sightseeing machen zu können.

Der frühe Start war auch gut so, denn der Verkehr zur Stadt rein war ätzend und dauerte viel länger als geplant. Dann fing es auch noch an zu schütten und ein Mordsgewitter verhinderte jegliche Aktivitäten. Außerdem war es tierisch heiß. In der Vorhersage hatten sie zwar nur 29° angesagt, aber auf dem Thermometer in Auto kletterte die Temperatur auf 32°.

Deshalb trödelte ich in dem Einkaufszentrum rum, in dem ich einen Parkplatz nicht allzu weit vom Treffpunkt entfernt gefunden hatte. In einem Supermarkt (nein eigentlich wäre Hypermarkt angebrachter) habe ich dann noch Einkäufe erledigt. Natürlich gehörten wieder die grünen Tomaten dazu, die entwickeln sich zu meinen absoluten Lieblingen. Und ich habe nach vielem Rumfragen auf Englisch, Kopfschütteln oder Nichtverstehen der Verkäuferinnen endlich einen Kaffee-Weißer gefunden. Ich hatte das Problem mit frischer Milch für meinen Kaffee, dass diese durch die schlechten Strassen, Schlaglöcher und das ewige Rütteln jedes mal ganz schnell ihren Zustand geändert hat und zu einer Art Buttermilch wurde. Sie war nicht sauer und schmeckte im Müsli noch einigermaßen. Aber für den Kaffee war sie unbrauchbar. Er blieb schwarz mit einigen weißen Flocken darin. Also musste statt Milch ein Milchpulver her. Und in diesem Hypermarkt habe ich sowas tatsächlich gefunden!!

Das Gewitter hat sich rechtzeitig vor dem Treffen mit dem Guide aufgelöst und die Sonne knallte wieder vom Himmel.

Außer mir nahm noch ein englischer Tourist an der Führung teil. Unser Guide Anna war wieder eine junge Frau, die ausgezeichnet Englisch sprach und uns auf Anhieb sympathisch war.

Universität Riga

Sie führte uns als erstes zu diesem monumentalen Gebäude, der Akademie der Wissenschaften. Hier gibt es im 15. Stock eine Aussichtsplattform, von der aus man einen 360° Blick über Riga hat.

Blick von oben auf Riga

Im Hintergrund der Fernsehturm, vorne ziemlich russisch angehauchte Blockbauten. Es wird in Riga zwar versucht, alles was an Russland erinnert ausmerzen, aber da gibt es noch viel zu tun.

Weitere Blicke von oben. Im rechten Bild sieht man bereits die Markthallen mit den Rundbögen, die wir als nächstes besucht haben. Sie sind Teil des UNESCO-Weltkulturerbes und überraschen mit ihren Dimensionen. Die Hallen werden von mehreren Zeppelin-Hangars gebildet, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus Deutschland importiert wurden, um hier Zeppeline zu bauen.

Markthallen in Riga
Markthallen in Riga
Markthallen in Riga

Für jede Produktart gab es eine eigene Halle. Eine riesige Fischhalle, eine für Milch-/Käse-Produkte, eine für Obst/Gemüse, eine für süße Leckereien, für Fleisch …

In der Fischhalle kam ich am geräucherten Lachs nicht vorbei und habe mit ein Stück gekauft. Bei uns hätte ich für dieses Riesenstück sicherlich um die 40 – 50 € bezahlt. Hier waren 6,65 €.

Und dann ging es in die Altstadt mit den riesigen Gebäuden im Jugendstil. Eines schöner als das andere, und fast alle inzwischen wirklich tadellos restauriert. Der Krieg hatte hier sehr viel zerstört, aber vieles ist originalgetreu wieder aufgebaut und steht inzwischen unter UNESCO-Schutz.

Barocke Gebäude in Riga
Barocke Gebäude in Riga
Barocke Gebäude in Riga
Barocke Gebäude in Riga

Das nächste Bild zeigt die drei ältesten Häuser von Riga, liebevoll „Die 3 Brüder“ genannt. Sie haben sämtliche Kriege und Bomben unbeschadet überstanden.

3 Brothers in Riga

Zum Abschluss führte uns Anna in ein Viertel, in dem eine kleine Brauerei neben der anderen steht. Lettland gehört zu den Biertrinker-Nationen und die Vielfalt der Biere übersteigt alles, was in Deutschland geboten wird. Zu jeder Brauerei gehört auch eine kleine Kneipe, in der man das Bier kosten kann. Die kleine Brauerei, in der wir gelandet sind, hatte alleine schon 14 verschiedene Biere im Angebot, vom ganz leichtem hellen bis hin zu dunklen ganz heftigen mit über 17% Alkohol. Dazu gab’s, wie in Litauen auch, die leckeren gerösteten Brotsticks.

Ich war komplett erledigt. Bei 32° durch eine Stadt latschen, ist wirklich nicht mein Ding. Da kann die Stadt noch so toll sein und noch so viel bieten, ein Platz in der Natur an einem See ist mir tausend mal lieber.

Ich hatte für den nächsten Tag eine T-time im Ozo-Golfclub gebucht, der mitten in Riga liegt. Deshalb hatte ich eigentlich geplant, irgendwo in Riga zu übernachten, um am nächsten Morgen nicht wieder so weit in die Stadt fahren zu müssen.

Aber so fertig wie ich nach dem Stadtbesichtigungstag war, hatte ich gar keine Lust mehr auf Golf am nächsten Tag. Deshalb habe ich sowohl die T-time als auch die Übernachtung in Riga gecancelt, und bin aus Riga wieder hinaus zurück zu dem Campingplatz der letzten Nacht gefahren.

Hier draußen, konnte ich endlich wieder atmen und habe mir dann den Lachs zusammen mit der Knoblauch-Käse-Mayo und einem lettischen Bier schmecken lassen. Der Lachs ist ein Gedicht. Ich glaube, so zarten Lachs habe ich noch nie gegessen. Er zergeht auf der Zunge.

Abendessen mit Lachs

Beim Abendessen habe ich dann den wilden Entschluss gefasst, auf weitere ausgedehnte Stadtbesichtigungen zu verzichten. Das mag vielleicht manch einer nicht verstehen, aber es gibt mir nichts, lauter Gebäude, Trubel und Verkehr anzuschauen. Da mag die Stadt noch so viele tolle Sehenswürdigkeiten bieten. Ich hatte bereits am Morgen, als ich nach Riga hinein gefahren bin, nur einen Gedanken: „Ich will hier wieder raus“.

Deshalb habe ich auch meinen Plan von Helsinki aus eine Fähre für eine 3-Tage-Besichtigung von St. Petersburg zu buchen, jetzt erst mal in Frage gestellt. Ich weiß noch nicht, ob ich mir das wirklich antun werde, obwohl ich St. Petersburg ja unbedingt sehen wollte.